Offenes Meer, Wathose, weit rausgefeuerte Blinker und eine Menge Geduld – das sind die ersten Gedanken, die den meisten in den Sinn kommen, sobald vom Meerforellenangeln die Rede ist. Wie man den berüchtigten „Fisch der tausend Würfe“ aber auch auf andere Art und Weise und vor allem an anderen Orten erfolgreich überlisten kann, lest ihr im Folgenden.
Abwechslungsreich: Meerforelle im Fluss
Ich verbringe seit meiner Kindheit fast jeden Sommer im dänischen Ferienhaus meiner Eltern und auch wenn die Frühjahrs- und Herbstmonate als besonders geeignet für Küsten-Meerforellenangelei gelten, habe ich im dort Juli und August stets einige „Silberbarren“ aus besagtem Flüsschen zu einem Landgang überreden können. Das Fischen auf Meerforelle am Fluss ist im Vergleich zur Wathosenangelei an der Küste unglaublich abwechslungsreich, naturnah und spannend und wer es noch nicht ausprobiert hat, sollte es dringend tun. Deshalb gibt’s jetzt einige Tipps für die erfolgreiche Angelei auf Meerforelle am Fluss.
Zielfisch Meerforelle
Zunächst ist es nötig, sich mit dem Lebenszyklus der Meerforelle vertraut zu machen, denn diese gehört, wie der Lachs, zu den anadromen Salmoniden, die in der Regel nur zum Ablaichen ins Süßwasser wandern und ihr restliches Leben im Salzwasser verbringen. Dabei sind die Struktur und die Lage der Aufstiegsgewässer von entscheidender Bedeutung für die Aufstiegszeiten und das Verhalten der Forellen.
In den relativ flachen – und damit stark vom Regen abhängigen – in den von mir befischten Fluss ziehen bereits im Mai durch Wasserstandsschwankungen erste blanke Aufsteiger, d.h. Forellen, die sich weder im Laichkleid befinden, noch gerade vom Laichen zurückkehren.
Ab Juni kommen dann die ersten Sommerfische und im Juli und August findet man zum Ablaichen bereite Meerforellen jeglichen Alters in den Niederungsflüssen. Auch kleinere, noch nicht ablaichfähige Meerforellen, die sogenannten Grönländer, steigen in diesen Sommermonaten in den dunklen Abendstunden vom warmen, sauerstoffarmen Wasser der Küsten in die sauerstoffreicheren Gebiete der Flüsse auf, um zu fressen – diese kleineren Exemplare fängt man daher vermehrt in der Dunkelheit. Genügend Fisch ist im Juli und August also im Fluss vorhanden – bleibt die Frage nach fängigen Spots.
Spots und Fangplätze
Die Meerforelle wählt ihren Standplatz im Fluss eher nicht nach direkt vorhandenem Nahrungsangebot aus, sondern vielmehr hinsichtlich der Strömungsverhältnisse und des Schutzes vor anderen Räubern. Typische Plätze sind daher vor allem die Außenkurven des Flusslaufs (Prallhänge) mit tieferen Gumpen und Uferüberhängen, unter denen sich die Fische verstecken können
Sollte dieser Spot nicht sofort einen Fisch bringen:
Gebt nicht so schnell auf!
Manchmal steht dort eine einzige, große Forelle, die alle anderen um sich herum verscheucht hat. Mit etwas Geduld und den richtigen Ködern kriegt man sie dann vielleicht überlistet. Löcher, Ausspülungen und kleine Becken findet man aber nicht nur in den Kurven des Flusses, sondern überall dort, wo ein Strömungswechsel stattfindet – zum Beispiel nach größeren Steinen/Steinpackungen oder Verengungen, durch die das Wasser schneller hindurch fließt und so dahinter eine Vertiefung ausspült. Auch hier steht mit großer Wahrscheinlichkeit der ein oder andere Fisch an der Strömungskante und lauert auf Beute.
Eher vermeiden sollte man hingegen breite, flache Kies- oder Sandbänke mit wenig Strömung. Die trüberen, küstennahen Abschnitte des Flusses (Ästuare) hingegen, die in großem Maße den Gezeiten von des Meeres unterliegen, sollten unbedingt befischt werden, denn gerade in den Abendstunden stehen hier die Chancen für eine kleinere „Fressforelle“ ziemlich gut. Da sich die Strömungsrichtung sowie der Salzgehalt dort alle paar Stunden durch die Tide ändern, haben die Meerforellen keine festen Standplätze, sondern bewegen sich meist in dem etwas tieferen, mittigen Flussbett auf und ab. Erfahrungsgemäß bietet vor allem das ablaufende Wasser gute Chancen auf eine „Havørred“, zum Teil sind hier sogar gute Frequenzen möglich.
Angeltechnik und -gerät
Da ich des Fliegenfischens (NOCH!) nicht mächtig bin, gibt es leider nur Tipps zum nicht weniger fängigen Spinnfischen. Für die klassischen Niederungsflüsse sind kürzere Ruten mit leichtem bis mittlerem Wurfgewicht und parabolischer Aktion gut geeignet, diese passen auch zu den genutzten Ködern – doch dazu später mehr.
Aktionsreiche Blanks vereinfachen das präzise Werfen auf kurze Entfernung und auch größere Fische können so gut ausgedrillt und heftige Fluchten in starker Strömung pariert werden – ich fische 1,90 m mit 5-20 g, um auch zwischen Büschen auswerfen zu können oder Unterhandwürfe unter Überhänge zu ermöglichen.
Generell gilt auch hier:
Je größer der Fluss und je weniger Wurfeinschränkungen an den Angelplätzen, desto länger die Rute ;-)
Längere Ruten haben natürlich den Vorteil, dass Fluchten tendenziell etwas besser abgefedert werden können und man Spots mitunter "unbemerkter" anwerfen kann, da die Scheuchwirkung etwas verringert wird. Die Rolle sollte gewichts- und größenmäßig zur Rute passen und mit geflochtener Schnur (0,08er bis 0,12er) bespult sein, da es in diesen Flüssen oft zu Hängern kommt und diese durch die geringe Dehnung der geflochtenen Schnur zuverlässiger gelöst werden können.
Fischt ihr besonders viel mit Wobblern oder besitzt nur sehr straffe Blanks, kann hier natürlich eine gute Monofile durch den Dehnungspuffer eine Wohltat für euer Handgelenk sein bzw. Aussteigern vorbeugen. Als Vorfach benutze ich zudem etwa 100-150 cm Fluorocarbon (Stärken zwischen 0,22 und 0,30 mm). Dieser Leader ist hier doppelt sinnvoll, da Fluo zum einen deutlich abriebfester und damit resistenter gegen scharfkantige Steine ist und zum anderen im klaren Wasser weniger Scheuchwirkung aufweist. Ans Ende der Montagen gehört auf jeden Fall ein Karabiner mit Wirbel, da viele der genutzten Köder besonders im Fluss zu starkem Schnurdrall führen und damit auch einige Aussteiger weniger riskiert werden.
Köderwahl und -führung
Bei der Ausstattung eurer Tackleboxen gilt hier das Prinzip „Weniger ist mehr“: Zwar können Meerforellen letztlich mit vielen Klein- und Kleinstködern überlistet werden, jedoch spielen hier vor allem Hardbaits ihre Stärken aus.
An dieser Stelle möchte ich euch jedoch einen kleinen Geheimtipp verraten, den ein paar Dänen älteren Semesters mit mir geteilt haben:
Bei hohem Aufkommen von Seeringelwürmern in Küstennähe können Wurmimitate aus Gummi (6-10 cm) manchmal die Fische ans Band bringen.
Selbiges gilt für kleine, schlanke Gummifische. Beide sollten duftend (z.B. mit Shrimp-Aroma) sein. Da kurze Jigs viele Fehlbisse bringen, verwenden Gummi-Angler beim Aufziehen einen Trick: Sie binden eine Einzel- oder Zwillingshaken an ein kurzes monofiles Vorfach. Dieses wird einfach im hinteren Drittel des Köders oben mit einer Ködernadel eingeführt und das Ganze bis zum Hakenschenkel durchgezogen. Anbieten kann man diese Köder mit allen Finesse-Rigs sowie an vorgeschalteten Klemmbleien.
Spinner und Blinker
Bewährt haben sich hier vor allem breit-blättrige Spinner in den Größen 3 und 4 sowie schlanke Blinker, die sich vor allem in oben genannten Außenkurven und tiefen Pools auszahlen. Fast schwerelose oldschool-Polderspinner sind ebenfalls immer eine Bank, diese kann man auch bei stark variierenden Gewässerbetten hängerfrei anbieten. Die meisten Fische scheinen auf langsam stromabwärts geführte Metallköder zu stehen, wahrscheinlich bieten diese eine leichtere Beute. Außerdem flüchten Kleinfische wohl auch selten gegen die zumeist stärkere Strömung.
Tagsüber setze ich auf die Farben Silber (vor allem Reflexfolie), Weiß sowie Chrome-Blau und -Rot, in der Dämmerung auf Schwarz und Fluo-Weiß. Zudem „tune“ ich meine Spinner gern mit Einzelhaken oder roten Federn/roter Wolle. In stark befischten Bereichen solltet ihr auch ruhig mal „blade baits“ testen!
Crankbaits
An den genannten Gewässern kommen hauptsächlich schwimmende, flachlaufende Modelle in Größen zwischen 3 und 7 cm, mit schlanken Formen und hochfrequentem Lauf zum Einsatz. Diese Köderart bietet einen besonderen Vorteil in naturnahen Bächen:
Ihr könnt sie auf der Wasseroberfläche schwimmend unter selbst die tiefsten überhängenden Büsche treiben lassen, die ihr mit einem Wurf nie so erreicht hättet!
Einfach den Köder mit offenem Bügel „freilassen“, hinter dem Überhang die Rolle schließen und langsam durchleiern oder mit kurzen Stopps fischen. Neben den oben genannten Dekors ist auch gelb-orange hier immer einen Versuch wert.
So, ich hoffe, mein zweiter Blog-Eintrag hat euch gefallen! Vielleicht habt ihr ja bald die Gelegenheit, den ein oder anderen Tipp auszuprobieren – ich wünsche euch viel Erfolg dabei. Über konstruktives Feedback in jeglicher Form freue ich mich sehr! Bis bald und „knæk og bræk“, wie die Dänen sagen!
Bis bald! Eure Lieske