Ihr wolltet schon immer einmal den Fisch eures Lebens fangen? Dabei noch Wale beobachten, den Polartag auf dem Wasser genießen und das Gefühl haben, am Ende der Welt zu sein? Dann solltet ihr euch dringend überlegen, eure nächste Angelreise in den hohen Norden Norwegens zu unternehmen.
Wie ihr eine solche Reise vorbereitet, welches Tackle für den Fang von Großdorsch und andere Kaliber notwendig ist und welche Fangplätze am besten sind, erfahrt ihr in diesem Artikel - Ein Erfahrungsbericht von Teamangler Gunnar Glimm.
Fisch des Lebens um 1:00 nachts - Großdorsch von 1,22 Meter
Reisezeit und Wetter
Die beste Reisezeit liegt zweifelsfrei zwischen April und Ende September. Im April müsst ihr im hohen Norden noch mit sehr winterlichen Bedingungen rechnen, dazu ist es häufig noch recht windig. Mit fortschreitendem Sommer stabilisiert sich das Wetter zusehends und die Temperaturen liegen meist zwischen zwölf und 20 Grad. Mit dem Beginn des Herbstes wird es dann wieder unbeständiger und kälter. Vorteile des Frühjahrs und des Herbstes sind eindeutig, dass die Schwärme der Großfische von der offenen See zwischen die Inseln und in die Fjorde ziehen. So lassen sich die besonders großen und dicken Dorsche fangen. Nachteilig ist es allerdings, dass euch aufgrund des Wetters schon mal mehrere Angeltage verloren gehen können.
Deutlich beständiger ist der Sommer und auch hier habt ihr immer noch die Chance auf Ausnahmefänge, auch wenn ihr für diese möglicherweise weitere Fahrten auf euch nehmen müsst, dazu aber später mehr. Auch im Sommer kann es durchaus ungemütlich und windig werden, ihr habt dann aber die Chance, nachts, wenn der Wind meist nachlässt, hinauszufahren. Durch den Polartag bleibt es fast den ganzen Sommer über 24 Stunden am Tag so hell, dass man problemlos nachts Zeitung lesen kann, ohne elektrisches Licht.
Worauf solltest du bei der Buchung achten?
Ich selbst kann euch für eine Angelreise nach Nordnorwegen vor allem Kingfisher-Reisen empfehlen. Das kompetente Fachpersonal arbeitet sehr gewissenhaft und ist stets freundlich und bemüht, die besten Modalitäten für eure Reise zu bieten.
Meine eigenen Erfahrungen im hohen Norden beziehen sich vor allem auf die Großregion Troms, sprich also auf die Region um Tromsø. Ich möchte euch hier explizit zwei Inseln empfehlen. Zum einen Skjervøy, zum anderen Arnøy. Beide Inseln liegen nahe beieinander und beim Blick auf die Karte erkennt man deren Vorteile sofort: Selbst bei starkem Wind und hohen Wellen findet man immer einen geschützten Platz, an dem es sich noch gut angeln lässt. Außerdem sind hier die Anlagen, das Skjervøy Fiske Camp und Lauksletta Overnatting, ausgesprochen gut und vor allem die Unterkunft Lauksletta Overnatting auf Arnøy bietet etliche Vorteile. Die familiengeführten Ferienwohnungen sind komfortabel eingerichtet und euch steht ein Kleinbus zur freien Verfügung. Außerdem könnt ihr eine Vollverpflegung über Kingfisher-Reisen buchen und spart einiges an Gepäck und Vorbereitung.
TIPP:
Ihr solltet außerdem darauf achten, immer das größtmögliche Boot zu eurer Unterkunft zu buchen. Die Boote vom Typ "Arvor" verfügen über eine Kajüte und liegen selbst bei stärkerem Wellengang deutlich ruhiger im Wasser, als kleinere Boote.
Die Reiseunternehmen buchen euch immer passende Flüge. Für diese habt ihr pro Person insgesamt 40 Kilogramm Freigepäck, sodass ihr nebst eures Koffers auch die so wichtige Kühlbox mit Verpflegung auf dem Hinflug und eurem gefangenen Fisch auf dem Rückflug ohne Probleme mitnehmen könnt. Diese gehen üblicherweise nach Oslo und von dort dann weiter Richtung Norden. Am Zielflughafen angekommen, werdet ihr entweder direkt abgeholt oder nutzt eine der Fähren, die euch zu eurem Zielort bringen. Alle näheren Informationen werden euch vom Unternehmen zur Verfügung gestellt.
Wenn ihr über ein Reiseunternehmen eine zertifizierte Angelanlage bucht, dürft ihr insgesamt 20 Kilogramm Filet aus Norwegen ausführen. Dazu müsst ihr in den Anlagen eure Fänge melden. Genaueres dazu findet ihr in diesen Zollbestimmungen für Norwegen. Achtet außerdem auch auf die Zollbestimmungen zur Einfuhr von alkoholischen Getränken, Tabakwaren und Lebensmitteln.
Richtiges Tackle für Nordnorwegen
Zunächst an dieser Stelle etwas zur Sicherheit. Das wohl wichtigste Utensil sollte beim Angeln vom Boot die Rettungsweste sein. Gerade bei stärkerem Wind und Wellengang kann es schon ziemlich schaukeln und man sollte auf alles vorbereitet sein. Als Ergänzung bietet sich ein sogenannter Floater an. Also ein Wetteranzug, der im Notfall dafür sorgt, dass ihr auf der Wasseroberfläche treibt. Ansonsten benötigt man regenfeste und warme Kleidung, denn auch im Sommer muss nicht zwangsläufig die Sonne scheinen.
Ideale Ausrüstung für einen Angeltripp nach Norwegen
Reiserute
Bei der Wahl des richtigen Tackles scheiden sich, wie so oft beim Angeln, die Geister. Ich stelle euch daher hier vor, was für mich gut funktioniert hat und als eine Grundausstattung betrachtet werden kann. In meinen Koffer wandert eine Penn-Reiserute, diese ist fünfteilig und passt dadurch super zwischen die Kleidungsstücke. Beim Wurfgewicht eignen sich Ruten zwischen 30 und 50lbs. Als Rolle verwende ich die Balzer Adrenaline.
Rolle und Schnur
Ich empfehle Multirollen, da sich diese, meiner Meinung nach, zum Pilken und Gummifischangeln auf kapitale Meeresfische besser eignen und deutlich praktischer in den großen Größen sind, als Stationärrollen. Als Schnur verwende ich eine Rundgeflochtene. Diese sollte mindestens einen Durchmesser von 0,22 Millimeter haben, besser noch 0,25 – 0,30. Davon sollten schon gut 350 Meter auf eurer Rolle sein. Abrisse gibt es zwar lange nicht so häufig, wie beim Zanderangeln in der Elbe, aber wenn dies einmal passiert, verliert man meist recht viel Schnur und ist dann froh, wenn man genügend Geflecht auf der Spule hat. Als Vorfach kommt Hardmono in Stärken zwischen 0,80 und 1,00 Millimeter zum Einsatz. Achtet vor allem bei Kleinteilen wie Einhängern, Wirbeln, Sprengringen und Drillingen auf die Qualität. Meeresfische entwickeln unglaubliche Kräfte im Drill und nichts ist ärgerlicher, als einen Großfisch aufgrund eines zu schwachen Hakens wieder zu verlieren.
Köder und Zubehör
Da man bei Flugreisen immer eingeschränkt ist, was das Gepäck angeht, muss man vor allem bei den Ködern eine kleine, aber feine Auswahl treffen. Einige große Gummifische, wie z.B. der neuer Drunkbait in 16cm und die 20cm-Variante der Lieblingsköder in stark UV-aktiven Farben mit Bleiköpfen zwischen 80 und 250 Gramm sollten definitiv nicht fehlen. Dazu solltet ihr auch ein paar klassische Pilker zwischen 300 und 500 Gramm immer in der Köderbox haben. Ich habe gute Erfahrungen mit fluoreszierenden oder klassisch silbernen Modellen gemacht. Zur weiteren Grundausstattung zählen außerdem noch ein gutes Filetiermesser, eine Sprengringzange, Hakenlösezange, Schere und eine gute Polbrille.
Alternativen für das Angeln vom Ufer
Für den Fall, dass es tatsächlich einmal nicht möglich sein sollte, mit dem Boot rauszufahren, habe ich immer noch eine Reisespinnrute mit ca. 80 Gramm Wurfgewicht dabei. Die Roadrunner von Savage Gear, kombiniert mit einer 4000er-Rolle, wie z.B. der Okuma Epixor eignen sich perfekt. Dazu ein paar kleinere Gummifische bis 12cm und Jigköpfe bis 30 Gramm und ihr könnt an den meisten Hafenanlagen einmaliges Spinnfischen auf Dorsch und Köhler vom Ufer erleben. Eine super Variante, um schlechtes Wetter zu überbrücken.
Portionsdorsch aus dem nahegelegenen Hafen.
TIPP:
Solltet ihr einmal Rutenbruch erleiden oder anderes Material benötigen, so helfen euch die Vermieter und Ansprechpartner vor Ort stets weiter. In den meisten Anlagen gibt es gutes Leihgerät und Angelgeschäfte gibt es natürlich auch einige, sodass man sich keine Sorgen um ein vorzeitiges Ende des Angelurlaubs machen muss.
Taktik und Fangplätze für Großdorsch & andere Kapitale
Die schiere Wassermasse, die man in Nordnorwegen vorfindet kann einen bei einem ersten Angeltrip schon einmal erschlagen und große Fische stehen tatsächlich nicht überall. Es gibt trotzdem einige einfache Hinweise, die euch schnell zum Fisch bringen. Alle Boote verfügen über Echolote und Kartenplotter und in allen Anlagen finden sich detaillierte Seekarten. Studiert man diese ein wenig, findet man schnell fängige Plätze.
Dorsche
Dorsche lieben Strukturen und lassen sich vor allem zwischen 30 und 80 Metern Tiefe fangen. Sucht auf den Seekarten also nach Stellen mit viel Struktur, z.B. Unterwasserbergen, steilen Kanten und Plateaus. Fahrt diese dann gegen den Wind ab und behaltet das Echolot im Auge. Häufig stehen Dorsche unter oder neben großen Schwärmen von Köhlern oder anderer kleinerer Fische, oder sind als einzelne große Sichel deutlich auf dem Bildschirm zu erkennen. Habt ihr dann eine interessante Stelle gefunden, driftet ihr mit dem Wind zurück und fischt auf der Lee-Seite (also dem Wind abgewandt). Häufig höre ich das Vorurteil, dass Dorsche direkt am Grund stehen. Meiner Erfahrung nach ist dies aber eher selten der Fall. Die größten Fische habe ich gut zehn Meter über dem Grund gefangen. Trifft euer Köder also auf dem Grund auf, kurbelt einfach einige Umdrehungen hoch. So vermindert ihr auch das Risiko eines Hängers.
1,15 Meter Dorsch auf Pilker aus 50 Meter Tiefe vor unglaublichem Panorama.
Köhler
Köhler befinden sich vor allem an steilen Kanten und über großen Tiefen mitten in der Wassersäule. Man kann die Köhlerschwärme also aktiv suchen. Hat man sie gefunden sollte man kleinere Pilker oder Gummifische montieren, diese ablassen und dann schnell wieder einkurbeln. Die Bisse und Fluchten der kampfstarken Fische machen süchtig.
Opa mit Großköhler - Im Drill zog der Fisch bis auf 130 Meter Tiefe.
Lumbs
Die eher unscheinbaren, aber äußerst schmackhaften Lumbs findet man meist auch an den Stellen, an denen die Dorsche stehen. Lumbs fängt man einfachsten mit selbstleuchtenden Pilkern oder Gummifschenm direkt am Grund. Noch ein Tipp zum Lumb: wollt ihr einen dieser Fische entnehmen, so weidet ihn an Ort und Stelle aus. Häufig sitzen in den Gedärmen der Lumbs Würmer, die nach dessen Tod ins Fleisch wandern und es ungenießbar machen. Indem man die Fische sofort ausnimmt, verhindert man dies.
Schöner Lumb auf einem 20cm Lieblingsköder in der Farbe "Neo".
Heilbutt: König des Nordmeers
Wer es auf den König des Nordmeers, den Heilbutt, abgesehen hat, der sollte Angelplätze zwischen 15 und 60 Metern Tiefe aufsuchen, die einen sandigen Boden aufweisen. Gummfische zwischen 20 und 30 cm lässt man dann einfach leewärts ab und kurbelt sie langsam wieder ein. Der Heilbutt raubt aktiv und verfolgt seine Beute meist eine Weile, bevor er zuschnappt. Hier macht sich dann die starke Multirolle bezahlt, die mit einer guten Bremse die langen Fluchten der Fische perfekt ausbremst. Weitere Fischarten, die ihr fangen könnt, sind der Steinbeißer, der Leng und Schellfische.
Zusammenfassung: Naturerlebnis und Entspannung
Ihr habt nun einen Fahrplan für euren ersten Urlaub im Norden Norwegens. Was bleibt noch zu sagen? Nicht nur Dank der grandiosen Fischgründe, sondern auch durch eine unvergleichliche Natur ist dieses Land stets eine Reise wert. Schweinswale, die Anglerboote begleiten gehören zum alltäglichen Bild. Riesige Möwenschwärme die ins Wasser stechen und jagen sind ebenso toll anzusehen, wie Rentiere, die im Sommer bis an die Strände der Inseln kommen. Schneebedeckte Gipfel, schroffe Felsen und große Sturzbäche geben jeden Tag ein atemberaubendes Panorama.
Und mit ein bisschen Glück ist es sogar möglich, Orcas und Finnwale zu sehen und das, während man eventuell den Fisch seines Lebens drillt. Worauf wartet ihr also noch?
Euer Gunnar